Von Jojawar hörten bisher wahrscheinlich die wenigsten und manchen Indien-Liebhabern möge es vielleicht auch kein Begriff sein. Dieses Dorf mit knapp 8.000 Einwohner befindet sich rund drei bis vier Stunden nördlich von Udaipur. Nach einigen Tagen in Delhi, Jodhpur und Udaipur war es nun an der Zeit den chaotischen Großstadttrubel etwas zu entkommen. Da wir auch andere Stopps in dieser Gegend planten, bot sich das sehr an. Nachdem wir eben einige Großstädte und Metropolen besuchten, nahmen wir uns eine kurze Auszeit, denn nicht nur die Städte, sondern auch die ländliche Gegend bot ebenfalls einiges. Von Udaipur kommend, war die Lage von Jojawar ideal, da unser nächster geplanter Stopp Pushkar war. Besonders schmackhaft machte man uns vor Ort eine kurze Rundreise mit dem Zug. Wir machten es uns einfach und buchten diesen Ausflug direkt über unsere Unterkunft. Nach dem Check-in stand zunächst noch eine kleine Stärkung an bevor man uns gegen 15 Uhr abholte. Rund 40 Minuten fuhren wir in einem offenen Fahrzeug über äußerst holprige Straßen zum nächstgelegenen Bahnhof. Schnell kamen die Erinnerungen zurück von den Straßenverhältnissen und dem nötigen Reifenwechsel beim Blyde River Canyon in Südafrika. In den bisherigen Städten war ich über die Straßenverhältnisse sehr überrascht, und zwar im positiven Sinn. Umso mehr schockiert war ich dann von dieser Fahrt auf dem Land. Unzählige riesige Schlaglöcher fanden wir vor – zeitweise war Slalomfahren angesagt. Aufgrund dessen brauchten wir dann auch für 25 Kilometer knappe 40 Minuten. Zum Glück konnte ich auch noch ein paar Fotos von diesem simplen Bahnhof schießen. In die Zugfahrt ging ich selbst sehr erwartungs- und emotionslos, desto mehr beeindruckter war ich im Nachhinein von der Landschaft. Es zahlte sich wirklich aus.

Jojawar
Jojawar

Sofern es mir möglich ist, versuche ich immer nur meine Eckpunkte meiner Reisen zu planen und den Rest erst vor Ort, oft auch erst nach einer Empfehlung. Das gibt mir das Gefühl von mehr Unabhängigkeit und mehr Entscheidungsfreiheit. Vor einer Woche kannte ich diesen Ort noch gar nicht. Jojawar und die Zugsfahrt war ein voller Erfolg, denn die Landschaft war traumhaft. Wir passierten zig Gebirgszüge und Täler, aber auch einige Dörfer. Alle paar Minuten drückte ich den Auslöser meiner Kamera oder filmte einen Abschnitt mit meiner GoPro. Umso mehr Bilder und Videomaterial ich habe, desto mehr kann ich bei der Bearbeitung später auswählen. Löschen kann ich es später noch immer, aber wenn ich so gesagt kämpfen muss um einen Videoabschnitt fertig zu bekommen, ärgere ich mich dann meistens schon, wenn mir zu wenig Material zur Verfügung steht. Leider war der Sonnenuntergang nicht so besonders, da es den ganzen Tag wieder einmal ziemlich dunstig war, wie fast immer in Indien. Vielleicht sind hier meine Ansprüche zu hoch, da ich zu vor vier Monate in Afrika verbrachte und ich sonst noch keinen Fleck auf der Welt entdeckte, der mit den Sonnenuntergängen dort mithalten konnte. Wir wurden mit Sonnenuntergängen in Afrika regelrecht verwöhnt und das tagtäglich. Lt. einigen Einheimischen entwickelt sich diese Strecke in der Regenzeit von Juli bis September zu einer richtigen Oase, wenn alles grün wird und sich auch unzählige Wasserfälle aufgrund der sturzflutartigen Regenfälle bilden. Somit hat die Regenzeit auch etwas Gutes und nicht immer nur eine negative Seite.

Jojawar
Jojawar

Am kommenden frühen Morgen besuchten wir noch den lokalen Markt, bevor wir in Richtung Pushkar reisten. Irgendwie machten hier die Leute und vor allem die Kinder einen fröhlicheren und glücklicheren Eindruck als diejenigen in verschiedenen Großstädten. In Delhi hatte ich das Gefühl, dass jedes zweite Kind um Geld oder Essen bettelte, während dessen fast jedes Kind in Jojawar lächelte und einem zuwinkte. Auch die Gespräche, welche wir führten, basierten auf einer ganz anderen Grundlage. In den Großstädten wurde man meistens so richtig abgecheckt, ob was zu holen wäre. In diesem Dorf gaben die Menschen viel mehr von sich selbst preis und man konnte das Gespräch auf eine angenehmere Art und Weise führen. Genau diese Momente bleiben einem dann in Erinnerung.

Nachdem uns die Möglichkeit gegeben wurde ein Haus zu besichtigen, sprang mir sofort eine Besonderheit in die Augen, besser gesagt, etwas fehlte hier. In Jojawar besitzen nur rund 60% eine Toilette bzw. eine Sanitäranlage. Den übrigen 40% steht ein öffentliches WC zur Verfügung, welches man in regelmäßigen Abständen leerte. Wie oft weiß ich leider nicht – ich vermute aber, dass das nicht allzu oft geschieht. Da musste ich dann mal so richtig schlucken. Kostenlos war die Benützung auch nicht. Leider habe ich den Betrag nicht mehr im Kopf, wieviel man dafür verlangte. Solltet ihr Jojawar in Betracht ziehen, schaut darauf, dass eure Unterkunft eine Verpflegung anbietet, sprich Frühstück und zumindest ein Abendessen, da ich sonst kein einziges Restaurant während meines Aufenthalts sah.

Jojawar
Jojawar

Im Großen und Ganzen hatte ich eine sehr angenehme Zeit in diesem Dorf im ländlichen Rajasthan und kann es jedem nur ans Herz legen, der die Städte mal verlassen möchte. Sollte ich zurückkehren, würden ich es nicht anders machen, denn ich hatte eine sehr interessante und erholsame Zeit in Jojawar. Unser nächstes Ziel war Pushkar.